Zeitarbeit in der Pflege

Zeitarbeit ist ein Thema, das vor allem in der Pflegebranche immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Dies liegt vor allem daran, dass immer mehr Pflegekräfte in die Zeitarbeit wechseln. Dadurch wird den Arbeitnehmern flexibles Arbeiten ermöglicht. Zudem haben Kliniken dadurch die Möglichkeit, den Personalbedarf flexibel anzupassen. Jedoch bringt Zeitarbeit in der Pflege nicht nur Vorteile mit sich, weshalb aktuell sogar darüber diskutiert wird, Pflege in der Zeitarbeit zu verbieten. Was es mit dieser Diskussion auf sich hat und woher die unterschiedlichen Beweggründe kommen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Pflege in der Zeitarbeit: Warum?

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Es ist seit eh und je bekannt, dass im Gesundheitswesen nicht alles optimal verläuft. Derzeit wechseln auffällig viele Pflegekräfte in eine Zeitarbeitsfirma, weil sie dort bessere Arbeitsbedingungen haben. Viele Pflegekräfte geben an, dass sie bei einer Zeitarbeitsfirma ihre Arbeitszeiten besser planen können (Weitere Vorteile in der Zeitarbeit). Festangestellte Pflegekräfte müssen dagegen häufiger einspringen, beispielsweise wenn andere Kollegen krank sind oder ein starker Personalmangel herrscht. Zeitarbeitnehmer müssen dagegen weniger flexibel im Einsatz sein, sondern genießen häufig feste Arbeitszeiten. Darüber hinaus können sich Zeitarbeitskräfte ihre Schichten oft frei aussuchen. Während Stammmitarbeiter häufig Nacht- und Wochenend- oder Feiertagsschichten übernehmen müssen, gleichen die Arbeitszeiten eines Zeitarbeitnehmers nahezu den Kernarbeitszeiten anderer Branchen. Mitarbeiter die neben ihrem Job noch eine Familie haben oder eine Partnerschaft führen, leiden oft darunter, ständige Nachtschichten übernehmen oder an drei Wochenenden im Monat arbeiten zu müssen. Zeitarbeitnehmer haben hier also einen großen Vorteil. Nicht zuletzt erhalten Zeitarbeitskräfte häufig mehr Gehalt als die Stammbelegschaft. Dies gilt insbesondere für die Altenpflege. Aufgrund all dieser Vorteile ist es für viele Pflegekräfte attraktiv, in die Zeitarbeit zu wechseln.

Nachteile der Zeitarbeiter in der Pflege

Die Nachteile sind, dass sich die Zeitarbeitnehmer häufig nicht in ein festes Team eingliedern und die Pflegeeinrichtung oder das Krankenhaus immer wieder wechseln müssen. Unter diesen Nachteilen leiden aber vor allem die Stammmitarbeiter der jeweiligen Pflegeeinrichtung. Diese müssen oft zusätzliche Zeit aufwenden, um die neuen Kollegen aus der Leiharbeit einzuarbeiten. Darunter leidet möglicherweise auch die Versorgung der Patienten und Pflegebedürftigen, sowie die Zusammenarbeit im Team. Die neuen Mitarbeiter müssen sich an die vorhandenen Strukturen der jeweiligen Pflegeeinrichtung zunächst anpassen und darin zurechtfinden, was zwangsläufig zu Hindernissen und Verzögerungen im Tagesablauf führen kann. Die Stammmitarbeiter des Krankenhauses oder der Pflegeeinrichtung sind aufgrund des Personalmangels und der immer größer werdenden Herausforderungen dieser Branche ohnehin schon überlastet – wenn diese dann noch alle paar Wochen neue Mitarbeiter aus der Leiharbeit einarbeiten müssen, ist die körperliche und physische Belastungsgrenze schnell erreicht.

Darüber hinaus muss an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass Zeitarbeitsfirmen selbstverständlich auch Gewinn machen möchten. Das bedeutet, dass zwangsläufig mehr Gelder aus Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern in das System mit einfließen. Diese Gelder sind jedoch begrenzt und sollten eigentlich besser in die Pflege der Patienten und in das Gesundheitssystem investiert und nicht zur Gewinnmaximierung eingesetzt werden.

Pflege Zeitarbeit – aktuelle Lage

Gemäß einer Studie, die im Jahr 2019 von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht wurde, arbeiten in Deutschland derzeit 22.000 Leiharbeitnehmer in der Pflege. Davon sind 12.000 Arbeitnehmer in der Altenpflege tätig. Die Statistik verzeichnet damit einen deutlichen Anstieg, da die Zahlen fünf Jahre zuvor noch deutlich geringer ausfielen.

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Im Jahr 2014 waren rund 12.000 Zeitarbeitnehmer in der Krankenpflege und 8.000 in der Altenpflege beschäftigt. Dennoch lagen die Zahlen im vergangenen Jahr weit unter im branchenübergreifenden Durchschnitt für Angestellte in Leiharbeit insgesamt.

Pflege Zeitarbeit: 2% aller Arbeitnehmer

In der Pflege sind derzeit gut 2 % aller Arbeitnehmer in einem Zeitarbeitsmodell beschäftigt, während es in der gesamten Wirtschaft hingegen fast 3 % sind. Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass der Anteil der Zeitarbeitnehmer in der Pflege zwar deutlich steigt, aber immer noch unter dem Durchschnitt liegt und man somit nicht von einem Massenphänomen sprechen kann. Darüber hinaus ist die Verteilung in den verschiedenen Regionen Deutschlands recht unterschiedlich. In Berlin ist der Anteil der Zeitarbeitnehmer in der Pflegebranche am höchsten, während das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern die niedrigsten Zahlen aufweisen. In Berlin waren im Jahr 2019 rund 5,4 % der Arbeitnehmer in der Krankenpflege Leiharbeiter und im Bereich der Altenpflege waren es 4,8 %.

Während der Coronakrise ergab sich dann noch mal ein anderes Bild, was die Verteilung der Arbeitskräfte in der Branche angeht. Gerade im Frühling ging die Anzahl der Zeitarbeitnehmer in der Pflegebranche drastisch zurück, was jedoch auf die besondere Situation der Krankenhäuser während der Pandemie zurückzuführen ist. Diese hatten in der Krisenzeit viele ihrer Stationen geschlossen, um die Kapazitäten für Corona-Patienten mit Intensivbedarf bereitzustellen. Aus diesem Grund mussten viele Zeitarbeitnehmer in der Pflege sogar in Kurzarbeit gehen.

Ungleichheit oder Chance: Zeitarbeit in der Pflege

Aktuell wird über die Zeitarbeit in der Pflege viel diskutiert. Im Bundesrat liegt sogar eine Initiative zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflegebranche vor. Dieser pausiert allerdings aufgrund der Coronakrise bis auf unbestimmte Zeit. Grund ist unter anderem, dass die Anzahl der Zeitarbeiter in der Pflegebranche zwar insgesamt eher gering ist, sich diese jedoch regional immer wieder häuft. In manchen Teil von Berlin ist jede dritte Arbeitskraft in der Pflege aus der Zeitarbeit, was große Probleme auf den betroffenen Stationen mit sich bringt.

Für die Arbeit in der Pflege ist es unerlässlich, Vertrauen zu den Patienten aufzubauen und in einem gut eingespielten Team zu arbeiten. Wenn jedoch immer wieder neue Arbeitskräfte aus der Leiharbeit ins Team stoßen und dieses nach einigen Wochen wieder verlassen, ist eine gut eingespielte Teamarbeit nicht gegeben. Zudem erfordert die Eingliederung der neuen Mitarbeiter immer wieder die Kapazitäten der Stammmitarbeiter der jeweiligen Einrichtung. Diese müssen die neuen Kollegen aus der Zeitarbeit einarbeiten und ihnen die Strukturen in der Klinik oder Pflegeeinrichtung erklären. Dies kostet die Stammmitarbeiter nicht nur zusätzliche Zeit, sondern wird auch zunehmend zu einer psychischen Belastung.

Der Grund, weshalb viele Pflegekräfte in das Beschäftigungsmodell der Leiharbeit wechseln, ist in erster Linie jedoch nicht das Gehalt. Dies ist es ist zwar vor allem in der Altenpflege oft etwas höher als bei den festangestellten Mitarbeiter, für den Wechsel jedoch nicht ausschlaggebend. Viel mehr Einfluss haben dagegen die Arbeitszeiten und die Flexibilität in den verschiedenen Schichten. Wärend die Stammmitarbeiter eher die unbeliebten Schichten wie Wochenendschichten oder Nachtarbeit in Kauf nehmen müssen, dürfen sich Zeitarbeitnehmer ihre Schichten freier auswählen und bekommen somit häufig die beliebteren Schichten, welche sich mit dem Privatleben besser verbinden lassen. Oft steht der Dienstplan bei festangestellten Mitarbeiter schon Wochen oder Monate im Voraus fest und lässt keine Spielräume für flexible Gestaltung zu.

Ständig neue Herausforderunger für den Zeitarbeitnehmer

Aufgrund all dieser Vorteile wechseln viele Pflegekräfte in die Leiharbeit. Doch auch dies geht mit Nachteilen für die Arbeitnehmer einher, weshalb auch dieses Modell nicht für jedermann gemacht ist. So müssen sich natürlich auch die Zeitarbeiter selbst jedes Mal neu einarbeiten und haben nicht die Möglichkeit, sich in ein festes Team einzugliedern. Sie werden ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert und müssen sich immer wieder an bestehende Strukturen und Systeme anpassen. Auch dies stellt für viele Pflegekräfte eine Belastung dar, weshalb das Modell der Leiharbeit nicht für jeden gleichermaßen gut geeignet ist.

Was verdienen Zeitarbeitnehmer in der Pflege?

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Vor einigen Jahren und zum Teil auch noch heute sehen viele Menschen das Modell der Zeitarbeit kritisch, da es mit zahlreichen Vorurteilen behaftet ist. Einer der größten Vorurteile ist, dass es sich bei dem Zeitarbeitsmodell um die Ausbeutung von Arbeitskräften handelt, da der Lohn hier wesentlich geringer sei, als bei festangestellten Mitarbeiter. Gerade in der Pflege ist jedoch das Gegenteil der Fall. In der Realität erhalten Zeitarbeitnehmer häufig sogar mehr Gehalt als die fest angestellten Mitarbeiter der jeweiligen Pflegeeinrichtung. Der Grund dafür ist häufig in dem nahezu dauerhaft bestehen den Personalmangel und der angespannten Situation dieser Branche zu finden.

Wie hoch das Gehalt der einzelnen Zeit Arbeitskräfte ist, hängt von den weiteren Bedingungen des Beschäftigungsmodells, der Stundenanzahl und den tariflichen Vereinbarungen sowie der Qualifikation ab. Im Schnitt erhalten Zeitarbeitskräfte in der Pflegebranche bis zu 30 % mehr Gehalt als vergleichbare Stammmitarbeiter. Des Weiteren ergeben sich aus der Zeitarbeit weitere attraktive Arbeitsmodelle für Pflegekräfte. Sehr lohnenswert ist beispielsweise das 1/4-Minijob-Zeitarbeitsmodell. Hier wird 1/4-Stelle vergeben, welche am Ende des Monats mehr Gehalt bringt, obwohl weniger Dienste geleistet werden. Die Reduktion der Arbeitsstunden führt zu einer Ausübung von drei bis vier Diensten in der Woche, wodurch ein Stundenlohn von 20,00 bis 30,00 € erreicht werden kann. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin aus der Pflege dieses Modell als Zulage nutzt und es mit den Zulagen des Schichtsystems in der Pflege kombiniert, ist dieses Leiharbeitsmodell sehr attraktiv.

Bessere Schichten für Zeitarbeiter

An dieser Stelle muss jedoch auch erwähnt werden, dass Zeitarbeitnehmer in der Pflegebranche häufig bessere Schichten haben als Stammmitarbeiter. Diese müssen hingegen öfter die unbeliebten Schichten wie Sonntags-, Feiertags- und Nachtschichten übernehmen. Allerdings gibt es für diese Schichten auch Zulagen, weshalb Stammmitarbeiter in der Regel mehr Zuschüsse erhalten als ihre Kollegen aus der Leiharbeit. Hört man sich in der Branche um, so wünschen sich die meisten Stammmitarbeiter jedoch lieber bessere Schichten und würden dafür sogar auf das zusätzliche Gehalt verzichten. Dies gilt vor allem für diejenigen, die neben dem Beruf ein aktives Familienleben haben. Aussuchen können sich die fest angestellten Mitarbeiter die Schichten jedoch selten, womit auch das Gehalt meistens festgelegt ist. In jedem Fall ist somit auch das Gehalt ein ausschlaggebender Grund dafür, weshalb sich immer mehr Arbeitskräfte für das Modell der Zeitarbeit entscheiden.

Fazit

Das Modell der Leiharbeit ist in der Pflege – wie allen anderen Branchen auch – also keinesfalls nur schwarz oder weiß zu sehen. Es gibt viele Vorteile, die Zeitarbeitnehmer in der Pflegebranche genießen, weshalb sich immer mehr für dieses Modell entscheiden. Dazu zählt beispielsweise das oft höher ausfallende Gehalt, aber auch die freiere Gestaltung der Arbeitszeiten sowie besser Schichten. Auch dem Personalmangel kann auf diese Weise gut vorgebeugt werden, wobei dies häufig zulasten der Stammmitarbeiter der jeweiligen Pflegeeinrichtung geht. Letztendlich muss also immer individuell entschieden werden, welches Modell am besten geeignet ist.

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